Weisse Zonen: Freiheit auf dem Papier, eher mehr Rechtsunsicherheit in der Realität.
- Miriam Lüdi
- 16. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Weisse Zonen als neues Mittel gegen die Baublockaden sind in aller Munde. Sie wurden sowohl am von Tsüri.ch organisierten Podium «Endlich mehr Wohnungen für Zürich – doch wie?» als auch in der Stadt Sursee im Rahmen des Podiums der Wanderausstellung 10-Minuten-Nachbarschaften als mögliche Lösung gegen die Wohnungsnot diskutiert. Die Idee klingt verlockend!
Weisse Zonen: Zonen ohne starre Vorgaben, mit scheinbar grenzenloser Freiheit für kreative Ideen.
Doch was nach Gestaltungsfreiheit klingt, wird sich wohl eher als ein Fass ohne Boden entpuppen. Denn: Relevante öffentliche Interessen kann man nicht einfach „wegzonen“. Sie verschwinden nicht, nur weil man sie im Zonenplan ausklammert. Spätestens auf der Stufe der Baubewilligung kommen sie - vermute ich - mit voller Wucht zurück.
Was heute auf der Ebene der Raumplanung transparent und vorausschauend gelöst werden sollte, wird dann mit der Weissen Zone offiziell dem einzelnen Baugesuch aufgeladen. Das Resultat: Aufwändige Verfahren, Verzögerungen, Rechtsunsicherheit und kein Schritt weiter als heute.
Nur mit dem Unterschied, dass die Verantwortung dann offiziell den Bauherrschaften zugeschoben wird und zwar für Probleme, die eigentlich das Planungssystem lösen müsste.
Ein besseres Bild? Der Luftballon.
Man stelle sich die Eigentumsfreiheit wie ein Luftballon vor:
- Die Grösse des Ballons steht für die zulässige bauliche Dichte (das Volumen).
- Die Dellen im Ballon zeigen die Einschränkungen durch öffentliche Interessen. Bspw. aufgrund Lärmschutz, Denkmalschutz etc.
👉 Je grösser der Ballon und je klarer die Dellen geregelt sind, desto dichter und kreativer können Planer/-innen und Bauherrschaften arbeiten und desto grösser ist die Rechtssicherheit.
Das Problem heute:
Die Ballons sind oft viel zu klein, weil zu tiefe Dichten (v.a. beim Wohnen) in der Zonenplanung zugelassen werden. Und die Dellen? Undurchsichtig, unberechenbar, schwer nachvollziehbar geregelt. Die raumplanerische Interessenabwägung fehlt oder ist mangelhaft und zu viele überlagernde Pläne schaffen Unklarheiten.
Und Weisse Zonen? Die tun so, als gäbe es weder den Ballon noch Dellen.
Ein Raum ohne Grenzen? Schön gedacht, aber:
❌ keine transparente Interessenabwägung,
❌ keine klaren Regeln,
❌ keine Rechtssicherheit,
❌ keine Nachvollziehbarkeit und damit kaum Akzeptanz.
Was wir wirklich brauchen:
✅ Ortsplanung mit Substanz: klare, nachvollziehbare Regeln.
✅ Ehrliche Auseinandersetzung mit öffentlichen Interessen und Lösung der Zielkonflikte auf Planungsstufe.
✅ Dichte mit System, gestützt auf Daten, nämlich dort, wo sie städtebaulich Sinn macht.
✅ Einen Rechtsrahmen, der kreative Lösungen ermöglicht statt verhindert.
🔑 Es geht nicht um weniger Regeln, sondern um bessere.
Verständliche, verlässliche Regeln, die Rechtssicherheit schaffen für schnelle Prozesse und kreative Architektur.
Nur so entsteht echte, nachhaltige Innenentwicklung.

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