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Raumkonzept Schweiz: 3 Karten, viele offene Fragen

Aktualisiert: 15. Apr.

Warum das wichtigste Planungsinstrument des Bundes enttäuscht.


Noch bis zum 16. April läuft die öffentliche Konsultation zum Entwurf des überarbeiteten Raumkonzepts Schweiz. Im Rahmen dieser Konsultation nehmen wir Stellung, weil der Entwurf orientierungslos ist und Daten ignoriert.


Wie soll die Schweiz im Jahr 2050 aussehen?

Wie wachsen unsere Städte und Dörfer nachhaltig? Wie schützen wir unsere Landschaften und nutzen den knappen Boden sinnvoll? Genau solche Fragen sollte das Raumkonzept Schweiz beantworten. Es sollte dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden als zentrales Planungsinstrument dienen und eine klare Richtung für die Zukunft unseres Landes vorgeben.


Doch der nun vorliegende Entwurf ist ernüchternd. Statt einer Vision oder Strategie enthält er vor allem drei bunte Karten und viele allgemeine Aussagen. Gerade diese drei Karten stehen sinnbildlich für das zentrale Problem des Entwurfs: Er bleibt vage, unkonkret und ohne erkennbare Strategie. Es fehlen konkrete Zahlen, nachvollziehbare Szenarien oder ein schlüssiges Bild davon, wie die Schweiz morgen aussehen soll.


10-Millionen-Schweiz und kein Plan?

Laut Bundesamt für Statistik wächst die Bevölkerung der Schweiz bis 2050 auf rund zehn Millionen Menschen. Diese Entwicklung stellt unsere Siedlungsräume und Infrastrukturen vor enorme Herausforderungen. Umso dringlicher wäre jetzt ein Plan, der zeigt, wie wir den zusätzlichen Platzbedarf stemmen. Dies mit fundierten Daten, plausiblen Prognosen und konkreten Lösungsansätzen.


Drei Karten, wenig Inhalt

Im Zentrum des Raumkonzepts stehen drei Karten. Doch wer darin Orientierung sucht, wird enttäuscht.


Karte 1 soll zeigen, wo die Schweiz künftig wachsen soll. Aber es wird nicht erklärt, warum ausgerechnet dort. Es fehlen Angaben zu den Grundlagen: Welche Daten wurden verwendet? Welche Annahmen gemacht? Wie viele Menschen sollen dort leben? So bleibt die Karte eine hübsche Illustration, mehr nicht.


Karte 1: Polyzentralität und Kooperation (Seite 21 des Raumkonzepts Schweiz)
Karte 1: Polyzentralität und Kooperation (Seite 21 des Raumkonzepts Schweiz)

Karte 2 unterscheidet etwa zwischen urbanen und ländlichen Räumen. Das ist zwar schön dargestellt, aber nichts Neues. Entscheidend wäre die Frage: Wo genau sollen die künftigen zehn Millionen Menschen leben? Und wie verändert das unser Mobilitätsverhalten, der Wohnungsmarkt oder die Natur? Auch darauf gibt es keine Antwort.


Karte 2: Natürliche Lebensgrundlage und landschaftliche Qualität (Seite 29 des Raumkonzepts Schweiz)
Karte 2: Natürliche Lebensgrundlage und landschaftliche Qualität (Seite 29 des Raumkonzepts Schweiz)

Karte 3 ist die unverständlichste: Pink eingefärbte Flächen. Aber wofür stehen sie? Mobilität, Energie und Räume für Wachstum? Es fehlt eine verständliche Legende, der Zusammenhang zur Zukunft der Schweiz bleibt unklar.


Karte 3: Mobilität, Energie und Räume für Wachstum (Seite 37 des Raumkonzepts Schweiz)
Karte 3: Mobilität, Energie und Räume für Wachstum (Seite 37 des Raumkonzepts Schweiz)

Ein Konzept ohne Richtung

Diese Karten stehen stellvertretend für das grosse Problem des Entwurfs: Er bleibt oberflächlich und diffus. Angesichts realer Herausforderungen wie Siedlungsentwicklung nach innen, wachsendem Individualverkehr oder knappen Ressourcen liefert das Raumkonzept keine Strategien, sondern Absichtserklärungen.


Auch das Verdichtungsgebot, das die Schweizer Bevölkerung 2012 mit der Revision des Raumplanungsgesetzes beschlossen hat, scheint in Vergessenheit geraten. Damals war klar: Die Schweiz soll nach innen wachsen, nicht weiter in die Breite. Im neuen Konzept findet sich dazu kaum Substanzielles.


Daten werden ignoriert

Dabei wären die nötigen Informationen längst vorhanden: Das Bundesamt für Statistik und andere Stellen sammeln laufend Daten über Bevölkerung, Verkehr, Energieverbrauch oder Veränderungen in der Landschaft. Diese könnten helfen, fundierte Zukunftsszenarien zu entwickeln. Doch anstatt auf diese Daten zu setzen, bleibt der Entwurf beim Allgemeinen und Unkonkreten.


Was jetzt nötig wäre

Das Raumkonzept Schweiz hätte das Potenzial, ein wirksames Werkzeug zu sein. Aber dafür braucht es mehr als dekorative Karten. Es braucht eine klare Vision, nachvollziehbare Ziele und eine fundierte Diskussion über Zielkonflikte.


Kurz: Es braucht einen Plan.


Nur so kann Raumplanung zur verlässlichen, transparenten Grundlage für eine Schweiz werden, die bald zehn Millionen Menschen beherbergen wird.


 
 
 

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